Kaum sinken
die Temperaturen, schlagen die Herzen höher. Schaatskorts, das Eislauffieber, geht um. Kinder testen nach der
Schule die Tragkraft des ersten Pfützeneises und einen Tag später das Eis auf
dem Ententeich. Auch die Zeitungen liefern wieder neuen Gesprächsstoff: Wird es
in diesem Jahr eine Elfstedentocht, die berühmte Elfstädtetour, geben? Wie ist
die Wettervorhersage? Wie dick ist das Eis?
Die Zeit ist
gekommen: Die schaatsen, die
Schlittschuhe, werden "aus dem Fett geholt" und ab geht's aufs Eis.
Trotz Warnungen wagen sich die Ersten auf das hauchdünne Eis der Seen und
Kanäle, den Rissen und Wasserlöchern zum Trotz. Es kracht, knarrt und klirrt.
Und tatsächlich bricht der ein oder andere auch mal durchs Eis. Dank
Rettungstrupp und Helikoptereinsätzen läuft das unfreiwillige Bad im eiskalten
Wasser meist glimpflich ab. Manchmal jedoch auch nicht.
Der Gipfel der Wintergefühle: eine Tocht.
Erst wenn es
nächtelang friert und das Eis acht Zentimeter dick ist, wird das
Schlittschuhfahren auf Natureis als sicher erklärt und der KNSB, der
Koninklijke Schaatsenrijders Bond, gibt die ersten tochten, Touren auf dem Eis, frei. Insgesamt gibt es über 200
solcher tochten, deren Länge zwischen
5 und 200 Kilometer liegt. Königin der Natureistouren ist die Elfstedentocht,
die Elfstädtetour. Durch elf Städte verläuft diese Tour auf einer Strecke von
200 Kilometern durch Friesland. Ein harter Brocken, der eine Menge Kondition
erfordert.
Der
prominenteste Elfstädtetour-Teilnehmer war Willem-Alexander van Buren, der im
Jahr 1986 an den Start ging. Den kennen Sie nicht? Und ob: Es ist der Sohn von
Königin Beatrix und der zukünftige König der Niederlande. Er schaffte
tatsächlich die ganze Elfstedentocht und verdiente sich damals eine Menge
Respekt bei seinem Volk.
103 Prozent der Niederländer fahren
Schlittschuh
Fragt man
einen Friesen, warum das Schlittschuhlaufen in den Niederlanden so viel
populärer ist als in Deutschland, bekommt man die selbstbewusste Antwort:
"Weil wir es einfach besser können." Und auf meine Bitte, er solle
mal schätzen, wie viel Prozent der Niederländer Schlittschuhe fährt, höre ich: "103
Prozent". Flapsige Antworten, doch eines ist deutlich und ich kann es nur
bestätigen: In den Niederlanden fährt fast jeder Schlittschuhe. Man beginnt,
wenn man laufen kann, und hört auf, wenn das Laufen eben nicht mehr geht. So
einfach ist das. Schlittschuhlaufen ist in den Niederlanden eine Selbstverständlichkeit.
Doch ich möchte
meine Fragen gerne etwas seriöser beantwortet haben und wende mich an den KNSB,
den Koninklijke Nederlandsche Schaatsenrijders Bond. Das "königlich" im
Verbandsnamen macht deutlich: Schlittschuhlaufen ist keine popelige Freizeitbeschäftigung,
sondern wird von höchster Ebene gefördert. Der Pressebeauftrage vom KNSB, der
den sympathischen Namen Huub Snoep trägt, erklärt: "Rund 600.000
Niederländer fahren regelmäßig auf Kunsteis. Gibt es im Winter auch Natureis,
dann kommen viele Millionen Schlittschuhfahrer hinzu. Im letzten echt strengen
Winter - im Jahr 1997 - ließen sich an einem einzigen Wochenende 1,2 Millionen
Niederländer für eine KNSB Tour registrieren." Der Vorteil einer solch
organisierten Tour: Sie ist sicher, man bekommt einen Stempel als Beweis und
zwischendurch gibt’s heiße Schokolade und Suppe zum Aufwärmen.
Strecke statt Pirouette
Während wir
Deutschen auf dem Parkweiher mit Eisprinzessinnen-Schlittschuhen Pirouetten
drehen, suchen die Holländer die Weite und eine möglichst lange Strecke.
Bevorzugt auf einem Kanal. Und weil es um Lang- und Weitlaufen geht, trägt ein
Holländer auch ein ganz anderes Schlittschuhmodell an seinen Füßen, nämlich noren. Echte noren sind aus schwarzem
Leder, knöchelhoch, haben eine lange Kufe und man trägt sie – zumindest die
Profis – barfuß.
Und meine Eislauferfahrung?
Immer, wenn
der Teich bei uns um die Ecke zugefroren ist, fällt mir ein, dass ich doch auch
mal Schlittschuhlaufen könnte. Und wie jedes Jahr bin ich nicht die Einzige,
der das einfällt. Alle Schlittschuhe in meiner Größe sind ausverkauft. So
schicke ich eben stellvertretend das Kind aufs Eis. Er muss üben - für seine
erste Tour auf Schlittschuhen mit der Schule (und ich hoffe schwer, dass er als
Deutscher nicht ganz so sehr aus der Reihe fällt). Das Kind dreht tapfer seine
Runden, eher wackelig als sicher, und es dauert nicht lange, da wird ihm ein
kleines, gemeines Loch zum Verhängnis. Krankenhaus, Röntgenfoto, Prellung. Er
bekommt einen spektakulär großen Verband um die Hand, der sich bis zur Schulter
zieht. Zu seiner ersten KNSB-Tour mit der Schule geht er trotzdem mit. Zu Fuß,
statt mit Schlittschuhen.
Das mit der Rennhaltung ist mir auch aufgefallen ;-).
AntwortenLöschenJa, verrückt ist das. Kaum beginnt es zu frieren, gibt es kein anderes Thema mehr. Selbst in den Nachrichten wird eine halbe Stunde über Frost, Eisdicke, mögliche Touren usw. gesprochen und diskutiert.
LG Simone
Herrlich! (Bis auf den Unfall natürlich - geht's ihm besser?)
AntwortenLöschenSchlittschuhlaufen ist eben fast so gut wie Fahrradfahren. Vermutlich muss ich nach Holland ziehen.. ;-)
LG, Elke
Ja, alles wieder prima. Jetzt warten wir aufs nächste Eis. Ob es in diesem Jahr noch was wird???
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