Freitag, 25. Januar 2013

Holländer und Schlittschuhe


Kaum sinken die Temperaturen, schlagen die Herzen höher. Schaatskorts, das Eislauffieber, geht um. Kinder testen nach der Schule die Tragkraft des ersten Pfützeneises und einen Tag später das Eis auf dem Ententeich. Auch die Zeitungen liefern wieder neuen Gesprächsstoff: Wird es in diesem Jahr eine Elfstedentocht, die berühmte Elfstädtetour, geben? Wie ist die Wettervorhersage? Wie dick ist das Eis?


Die Zeit ist gekommen: Die schaatsen, die Schlittschuhe, werden "aus dem Fett geholt" und ab geht's aufs Eis. Trotz Warnungen wagen sich die Ersten auf das hauchdünne Eis der Seen und Kanäle, den Rissen und Wasserlöchern zum Trotz. Es kracht, knarrt und klirrt. Und tatsächlich bricht der ein oder andere auch mal durchs Eis. Dank Rettungstrupp und Helikoptereinsätzen läuft das unfreiwillige Bad im eiskalten Wasser meist glimpflich ab. Manchmal jedoch auch nicht.


Der Gipfel der Wintergefühle: eine Tocht.


Erst wenn es nächtelang friert und das Eis acht Zentimeter dick ist, wird das Schlittschuhfahren auf Natureis als sicher erklärt und der KNSB, der Koninklijke Schaatsenrijders Bond, gibt die ersten tochten, Touren auf dem Eis, frei. Insgesamt gibt es über 200 solcher tochten, deren Länge zwischen 5 und 200 Kilometer liegt. Königin der Natureistouren ist die Elfstedentocht, die Elfstädtetour. Durch elf Städte verläuft diese Tour auf einer Strecke von 200 Kilometern durch Friesland. Ein harter Brocken, der eine Menge Kondition erfordert.

Der prominenteste Elfstädtetour-Teilnehmer war Willem-Alexander van Buren, der im Jahr 1986 an den Start ging. Den kennen Sie nicht? Und ob: Es ist der Sohn von Königin Beatrix und der zukünftige König der Niederlande. Er schaffte tatsächlich die ganze Elfstedentocht und verdiente sich damals eine Menge Respekt bei seinem Volk.


103 Prozent der Niederländer fahren Schlittschuh


Fragt man einen Friesen, warum das Schlittschuhlaufen in den Niederlanden so viel populärer ist als in Deutschland, bekommt man die selbstbewusste Antwort: "Weil wir es einfach besser können." Und auf meine Bitte, er solle mal schätzen, wie viel Prozent der Niederländer Schlittschuhe fährt, höre ich: "103 Prozent". Flapsige Antworten, doch eines ist deutlich und ich kann es nur bestätigen: In den Niederlanden fährt fast jeder Schlittschuhe. Man beginnt, wenn man laufen kann, und hört auf, wenn das Laufen eben nicht mehr geht. So einfach ist das. Schlittschuhlaufen ist in den Niederlanden eine Selbstverständlichkeit.

Doch ich möchte meine Fragen gerne etwas seriöser beantwortet haben und wende mich an den KNSB, den Koninklijke Nederlandsche Schaatsenrijders Bond. Das "königlich" im Verbandsnamen macht deutlich: Schlittschuhlaufen ist keine popelige Freizeitbeschäftigung, sondern wird von höchster Ebene gefördert. Der Pressebeauftrage vom KNSB, der den sympathischen Namen Huub Snoep trägt, erklärt: "Rund 600.000 Niederländer fahren regelmäßig auf Kunsteis. Gibt es im Winter auch Natureis, dann kommen viele Millionen Schlittschuhfahrer hinzu. Im letzten echt strengen Winter - im Jahr 1997 - ließen sich an einem einzigen Wochenende 1,2 Millionen Niederländer für eine KNSB Tour registrieren." Der Vorteil einer solch organisierten Tour: Sie ist sicher, man bekommt einen Stempel als Beweis und zwischendurch gibt’s heiße Schokolade und Suppe zum Aufwärmen.


Strecke statt Pirouette

Während wir Deutschen auf dem Parkweiher mit Eisprinzessinnen-Schlittschuhen Pirouetten drehen, suchen die Holländer die Weite und eine möglichst lange Strecke. Bevorzugt auf einem Kanal. Und weil es um Lang- und Weitlaufen geht, trägt ein Holländer auch ein ganz anderes Schlittschuhmodell an seinen Füßen, nämlich noren. Echte noren sind aus schwarzem Leder, knöchelhoch, haben eine lange Kufe und man trägt sie – zumindest die Profis – barfuß.

Und meine Eislauferfahrung?

Immer, wenn der Teich bei uns um die Ecke zugefroren ist, fällt mir ein, dass ich doch auch mal Schlittschuhlaufen könnte. Und wie jedes Jahr bin ich nicht die Einzige, der das einfällt. Alle Schlittschuhe in meiner Größe sind ausverkauft. So schicke ich eben stellvertretend das Kind aufs Eis. Er muss üben - für seine erste Tour auf Schlittschuhen mit der Schule (und ich hoffe schwer, dass er als Deutscher nicht ganz so sehr aus der Reihe fällt). Das Kind dreht tapfer seine Runden, eher wackelig als sicher, und es dauert nicht lange, da wird ihm ein kleines, gemeines Loch zum Verhängnis. Krankenhaus, Röntgenfoto, Prellung. Er bekommt einen spektakulär großen Verband um die Hand, der sich bis zur Schulter zieht. Zu seiner ersten KNSB-Tour mit der Schule geht er trotzdem mit. Zu Fuß, statt mit Schlittschuhen.




3 Kommentare:

  1. Das mit der Rennhaltung ist mir auch aufgefallen ;-).
    Ja, verrückt ist das. Kaum beginnt es zu frieren, gibt es kein anderes Thema mehr. Selbst in den Nachrichten wird eine halbe Stunde über Frost, Eisdicke, mögliche Touren usw. gesprochen und diskutiert.

    LG Simone

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  2. Herrlich! (Bis auf den Unfall natürlich - geht's ihm besser?)

    Schlittschuhlaufen ist eben fast so gut wie Fahrradfahren. Vermutlich muss ich nach Holland ziehen.. ;-)

    LG, Elke

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  3. Ja, alles wieder prima. Jetzt warten wir aufs nächste Eis. Ob es in diesem Jahr noch was wird???

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